Space-Art: Ein Bild von Hyperion | |
Erstellt 12. Oktober 2006, 23:15
#24712
(im Thema #1999)
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einige von euch werden sich sicherlich noch an die "alten Zeiten" erinnern, als ich im Forum das ein oder andere meiner Machwerke präsentierte… Seither ist viel Zeit vergangen, eine Bildergalerie gibt es (vorerst) leider nicht mehr. Meine Begeisterung für die Weltraumkunst ist jedoch nicht eingeschlafen - im Gegenteil: Jetzt, da ich als Abiturlaubient die längsten Ferien meines Lebens genießen konnte, habe ich u.a. viel Zeit darauf verwendet, mich weiter auf diesem Gebiet zu beschäftigen… Was ist "Space-Art"? Weltraumkunst ist, wie der Name schon vermuten lässt, ein spezielles Themengebiet in der Bildenden Kunst, das sich ausschließlich der Darstellung außerirdischer Welten annimmt. Dabei handelt es sich nicht zwingend um Science-Fiction. Vielmehr wird bei der exakten Weltraumkunst eine möglichst authentische Umsetzung bekannter oder hypothetischer Welten (z.B. Planeten) angestrebt unter peinlich genauer Berücksichtigung bereits vorhandener wissenschaftlicher Erkenntnisse. Daher nennen sich Weltraummaler oftmals auch wissenschaftliche oder astronomische Künstler. Wo der Wissenschaft heute noch Grenzen gesetzt sind, da beginnt die Arbeit des Weltraumkünstlers. Welches Schauspiel würde sich dem Betrachter während einer totalen Sonnenfinsternis auf dem Mond bieten? In welcher Pracht zeigt sich Saturn am Himmel des Eismondes Enceladus? Wie eindrucksvoll erscheinen Ios gewaltige Geysire aus unmittelbarer Nähe? Welch wunderbare Aussicht kann man vom Gipfel des Olympus Mons aus genießen? Würde die geflohene Menschheit in ferner Zukunft bei ihrer möglichen Rückkehr zur Erde ihren ursprünglichen Heimatplaneten wiedererkennen? Diese und unzählige andere Fragen inspirieren den Weltraumkünstler. Und selbst die Wissenschaft profitiert von seiner Kreativität. Nicht selten greift man bei der NASA oder anderen wissenschaftlichen Organisationen auf die Werke von Künstlern zurück, um Planetenlandschaften oder andere Szenen, die bisher noch keine Kamera erfasst hat, durch möglichst realitätsgetreue, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Kunstwerke zu visualisieren und somit auch einem breiten Publikum näher zu bringen… Hyperion, ein Außenseiter des Saturnsystems - soll das Thema dieses Beitrags sein. Ausgehend von der Faszination, die ich für diesen ungewöhnlichen und weniger prominenten Himmelskörper empfand, als ich mich näher über seine Eigenschaften informiert hatte, möchte ich euch nachfolgend zeigen, wie eine solche fremde Welt bildnerisch umgesetzt werden kann. Ich habe viel über diesen außergewöhnlichen Saturnmond recherchiert. Glücklicherweise bietet das Internet jedem interessierten Amateur einfachen Zugang zu sämtlichen neuen wissenschaftlichen Ergebnissen. Hyperion ist in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches Objekt: Dieser eisige Mond gehört zu den unförmigsten Himmelskörpern des Sonnensystems (360×280×225 km), seine Umlaufbahn ist höchst exzentrisch, die Rotationsachse ist chaotischen, kaum vorhersagbaren Schwankungen unterworfen… Seine Oberfläche erscheint, wie man den neusten Aufnahmen der Cassini-Raumsonde entnehmen kann, vollkommen zerklüftet…ein unvorstellbar gewaltiges Impaktereignis hat diese Welt vor langer Zeit erschüttert und einen Krater von 120 Kilometern Durchmesser auf der Oberfläche hinterlassen. Außerdem würde sich den Astronauten, die diese chaotische Welt vielleicht einmal betreten, eine überwältigende Aussicht bieten, sowohl auf den großen Ringplaneten, der in fast perfekter Kantenlage ungefähr 4° groß am Himmel steht, als auch auf das prächtige Sternenmeer der Milchstraße… Das Bild im Anhang zeigt eine simulierte Ansicht des Himmels über Hyperion (Äquator, 0° - 11.10.2006, 15:59 GMT) mit dem Astronomieprogramm Redshift4. Saturn geht in Begleitung von Titan und seinen anderen Monden am Osthimmel auf. Seine Bahn führt ihn von Zeit zu Zeit durch das Sternbild Orion. Eine solche Szene hat weder ein Mensch noch eine von Menschenhand gebaute Maschine jemals wahrgenommen. Mit Hilfe der wissenschaftlichen Daten und etwas eigener Kreativität sollte es jedoch möglich sein, sich ein Bild von dieser nie gesehenen, aber dennoch existierenden Szene zu machen… (Fortsetzung folgt in Kürze! ![]() |
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Erstellt 12. Oktober 2006, 23:49
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…und natürlich braucht man eine Oberfläche, auf der das Bild entstehen soll. In diesem Fall diente mir eine 70x100cm Leinwand (meine größte bisher…). Schließlich soll das Bild später auf den Betrachter wirken und ihm die Welt von Hyperion näherbringen. ![]() Man nehme also eine große Leinwand und spanne sie in eine entsprechend massige Staffelei ein. Dann kann´s auch schon losgehen: Der Weltraum ist schwarz. Deswegen braucht das Bild einen dunklen, schwarzen Hintergrund. Die Grundierung erfolgte mit der schnelltrocknenden Gesso Schwarz (auf Acryl basierend), die allen Bob-Ross-Fans gut bekannt sein dürfte… |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:06
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Ist die Grundierung trocken, kann man mit der eigentlichen Arbeit beginnen. Grundsätzlich gilt: Beginne mit dem Hintergrund und arbeitete dich systematisch in den Vordergrund vor. Aus der simulierten Ansicht, die ich mit Hilfe eines Astronomieprogramms erhielt, wählte ich einen interessanten, zum Leinwandformat passenden Ausschnitt aus. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:07
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Die weißen Umrisslinien entstanden durch Abkratzen der schwarzen Grundierung. Darunter kommt die weiße Grundfarbe der Leinwand wieder zum Vorschein. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:21
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Wieder bietet sich der breite Flachpinsel an. Mit kreisender Bewegung und anschließend schnellem Querstreichen malt man nun die Milchstraßenumrisse hell aus. Die weißen Umrisslinien werden dabei übermalt. Der Rest wird schwarz. Für schöne Farbverläufe bzw. weiche Übergänge kreist man ganz locker mit einer Pinselecke über den jeweiligen Stellen. Schnelles Querstreichen "verbindet" alles miteinander und lässt grobe Pinselspuren verschwinden ohne das Bild zu stark zu verwischen. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:29
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Da Ölfarbe sehr langsam trocknet, kann man sich ruhig Zeit lassen und so lange arbeiten und korrigieren, bis man zufrieden mit der Arbeit ist. Notfalls kann man auch wieder übermalen… Schließlich ist der Milchstraßen- bzw. Himmelshintergrund fertig. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:38
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Es fehlen natürlich - die Sterne! Ähnlich wie bei der Umrisszeichnung der Milchstraße können auch die Positionen der hellsten Sterne im Kartenausschnitt maßstabsgerecht auf die Leinwand übertragen werden. Steht erstmal ein "Grundgerüst", z.B. das markante Sternbild des Orion, dann lassen sich schwächere Sterne in der Umgebung auch mit Augenmaß hinzufügen. Wem das zu ungenau ist, der kann natürlich noch ein paar Stunden mehr investieren, und die Positionen aller noch so kleinen Sternchen ausrechnen…. Das Sternbild des Orion bekommt einen würdigen Platz am Nachthimmel über Hyperion und soll dem späteren (astronomieinteressierten) Bildbetrachter hilfreiche Referenzpunkte bieten, um z.B. die scheinbare Größe des Saturns daneben besser einschätzen zu können. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:45
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Auch der irdische Himmelsbeobachter kann den großen Orionnebel M42 schon mit freiem Auge mühelos am dunklen Winterhimmel erkennen. Feine Details werden mit dem 0-Pinsel gezeichnet. Astrofotografien können als Vorlage dienen. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 00:51
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Dazu trägt man mit einem feinen Pinsel zunächst einen Punkt auf, den man dann mit der Ecke eines Flachpinsels locker verwischt. In den so entstandenen Hof lässt man dann mit einem erneuten feinen Pinseltupfen den Stern aufleuchten. Bei extrem hellen Sternen wie zum Beispiel Sirius, der im Bild unten rechts zu sehen ist, kann man zusätzlich durch radiale Pinselstriche einen Strahleneffekt hinzufügen. Die unzähligen schwachen Hintergrundsterne, die besonders innerhalb des Milchstraßenbands stehen, lassen sich sehr gut mit Hilfe einer Zahnbürste aufspritzen. Dabei wird Titanweiß oder besser Flüssigweiß auf die Bürste aufgetragen und anschließend mit Hilfe eines Spachtels oder einer Messerspitze schnell und kräftig über die Borsten gestrichen (von der Bildfläche weg!). Je geringer der Abstand zur Leinwand gehalten wird, desto dichter werden die Spritzer und man erhält am Ende ein entsprechend großes Sternengewimmel. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 10:26
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![]() Erdling
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Und die Erklärungen dazu… Klingt irgendwie verblüffend einfach, ist es aber wohl nicht, wenn ich mir angucke, was dabei herauskommt ![]() Erinnert mich irgendwie an "Bob Ross - The Joy of Painting", was leider oft nur nachts auf BRalpha läuft - du solltest auch ne eigene Fernsehsendung bekommen ![]() Bekommt das Bild eigentlich noch einen Vordergrund, so eine Art Kraterlandschaft in Braun- oder Grautönen würde doch sicherlich gut da rein passen. Staunende Grüße Christian
–> www.astronomieplanet.de.vu
–> www.sky-freaks.de.ki Celestron C10-N(d=250mm; f=1200mm) EQ-6(MCU Update+Conrad Getriebe) Bresser Pluto/s(d=114mm; f=500mm) |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 12:29
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Selbstverständlich geht´s noch weiter… das Bild ist noch lange nicht fertig (naja, eigentlich schon - aber der Beitrag nicht ![]() Grüße, Peter |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 13:21
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Befindet sich Hyperion auf einem Umlaufbahnpunkt, der exakt in der Äquatorialeben des Saturn liegt, dann erscheint der Ringplanet in Kantenlage und des Ringsystem zeigt sich als eine helle Linie, welche die Planetenscheibe zu teilt. Gleichzeitig wirft der Ring aber einen Schatten auf die Planetenüberfläche, der je nach Sonnenstand sehr unterschiedliche Gestalten annehmen kann. Anders als auf der Erde sind ausgeprägte Saturnphasen für den Beobachter auf Hyperion etwas ganz alltägliches. So erscheint Saturn mal voll, mal halb beleuchtet oder nur als schmale Sichel. Trotz seiner Größe scheint der Vollsaturn auf Hyperion aber kaum heller als der irdische Vollmond (ca -13 mag). Da das Malen eines Ringplaneten in diesem Fall eine Premiere für mich war und ich daher auch etwas herumprobiert habe, kann ich hier leider nicht alle Schritte mit Bildern dokumentieren (beim nächstenmal vielleicht!). Zunächst gilt es, den Durchmesser der Planetenscheibe auf der Leinwand zu ermitteln. Danach zeichnet man z.B. mit Bleistift (Achtung: Der Farbgrund muss trocken sein!) schwach den Umriss des Planeten auf. Nun nimmt man einen kleineren Borstenpinsel mit viel schwarzer Farbe (Elfenbeinschwarz) und malt den rundlichen Planetenumriss damit aus. Den Teil der Planetenscheibe, der später erleuchtet sein soll, lässt man dabei frei. Diesen freien Teil kann man anschließend mit Ockergelb ausfüllen. Dann noch ein bisschen mit Titanweiß und Elfenbeinschwarz schwache Wolkenbänder einfügen. Einen glatten Übergang vom Hellen ins Dunkle am Terminator erreicht man durch kreisförmige Bewegungen (kaum berühren!!) mit einem kleineren Rundpinsel. Ist die Planetensichel fertig, nimmt man etwas Titanweiß mit einem Spachtel auf und fügt damit den senkrecht stehenden Saturnring hinzu. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 13:22
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Erstellt 13. Oktober 2006, 13:24
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Erstellt 13. Oktober 2006, 13:40
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Viel ist zwar noch nicht bekannt über die Beschaffenheit seiner Oberfläche. Es gibt jedoch zahlreiche Aufnahmen von Vorbeiflügen der Sonden Voyager und Cassini, auf die man zurückgreifen kann. Hyperion erscheint darauf sehr zerklüftet und besteht offenbar stellenweise aus recht dunklem Material. Eine Besonderheit ist auch der schwache rötliche Ton in den helleren Gebieten. Laut wissenschaftlicher Daten besteht Hyperion überwiegend aus Wassereis mit einem geringen Anteil an Silikatgestein. Mit dem Spachtel trägt man mit einer Mischung aus Mitternachtschwarz, Lichtrot und Van-Dyke-Braun den groben Umriss einer schroffen Berglandschaft auf. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 13:46
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Erstellt 13. Oktober 2006, 13:59
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Gearbeitet wird fast ausschließlich mit dem Spachtel. Über den dunklen Berggrund wird eine hellere Mischung aus Titanweiß und ganz wenig Lichtrot aufgetragen. Dabei fährt man mit dem Spachtel schnell, aber ganz vorsichtig und federleicht über die jeweiligen Stellen. Dort, wo mehr Sonnenlicht auftrifft, müssen die Bergformationen auch entsprechend hell gestaltet werden. Durch den so entstehenden Hell-Dunkel-Kontrast stellt sich automatisch ein zunehmend plastischer Eindruck ein. Zwischendurch streicht man immer wieder mit dem breiten Flachpinsel quer bzw. den Formlinien entsprechend durch, um das Bild zu glätten. Ein wichtiger Hinweis an dieser Stelle: Um die Räumlichkeit zu verstärken, empfiehlt es sich, weiter entfernte Objekte immer etwas schwächer bzw. unschärfer zu gestalten als nähere Objekte im Vordergrund. Selbst auf einem atmosphärenlosen Himmelskörper dürften Bergformationen in unmittelbarer Nähe in einer deutlich größeren Detailfülle erscheinen als ferne Hügel am Horizont… Nach vielleicht einer weiteren Stunde sieht das Bild dann wie folgt aus. |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 14:27
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![]() Astrofrüchtchen
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![]() ![]() ![]() Space-Art-Gott, kann ich da nur sagen ![]()
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Erstellt 13. Oktober 2006, 15:04
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![]() Site director
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![]() ![]() ![]() Danke für die ausführliche Schilderung deines Vorgehens ![]() Ich gehe doch sicherlich recht der Annahme, dass es noch weitergeht, oder? Gruß Falko |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 15:12
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So einer bist du also… ![]() ![]()
Verlaß´ dich drauf! ![]() Grüße, Peter |
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Erstellt 13. Oktober 2006, 16:16
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Wieder kommen Spachtel und Flachpinsel zum Einsatz. Das Bild ist nun fast fertig… |